Diese waren mit einem sichtlich in die Jahre gekommenen 408er Moskvich unterwegs in eine Bar und wollten uns am liebsten gleich mitnehmen. Wir lehnten dankend ab, denn wir wurden von Olgas Mutter erwartet. Die saß schon lange vor dem Haus und konnte die Ankunft ihres Enkelkindes kaum erwarten. Nach einem reichhaltigen Begrüßungsschmaus und einigen Gläschen leckeren selbstgebrannten Wodkas fanden wir doch noch Zeit all die anderen in der Bar "Kontakt" zu treffen. Es wurde ein sehr langer Abend. Während Olga mit Karina bei ihrer Mutter in der kleinen 1 Zimmer Wohnung wohnte, bezogen Rico und Maik unweit Quartier, wo es jedes Mal galt ein widerspenstiges Türschloß zu überwinden.
Die nächsten Tage verbrachten wir in Sorge um Karina, denn ihr Befinden wollte sich nicht bessern.
|
|
|
Es wurde auch die Ärztin des örtlichen Krankenhauses konsultiert. Die Zustände dort schockierten uns sehr, so schlimm hatten wir es dann doch nicht erwartet. Zumindest gab es in der Apotheke die benötigte Arznei. Uns blieb nur hoffen.
Mittlerweile rückte ein großer Feiertag näher "Den Pobeda" der Tag des Sieges. Dieser wird im Gebiet der ehemaligen Sowjetunion am 9.Mai begangen.
Beiläufig sagte man uns, dass am Dneprufer Veranstaltungen sein würden, genaues erfuhren wir aber nicht. Dies ist eigentlich immer so, alle wissen Bescheid, aber konkrete Informationen erhalten wir nie. |
|
|
So hatten wir großes Glück, als wir gerade noch rechtzeitig am Dnepr eintrafen. Dort war gerade der 2. Weltkrieg ausgebrochen, eine Showtruppe der ukrainischen Armee spielte Angriff auf den Strand von Verchnedneprovsk. Dort warteten natürlich die Deutschen. Es fuhren schwimmfähige Panzer vom Fluss her auf das Land, ein paar Exlosionen, Wasserfontainen schossen in die Luft und dann wurde gestürmt. Die „Wehrmachtsoldaten“ erlagen erwartungsgemäss dem Platzpatronenhagel . Unter dem Jubel der Zuschauer wurde die rote Fahne auf dem Badestrand platziert, wo übrigens auch Schildkröten leben.
Als das Spektakel vorüber war durfte man sich die Fahrzeuge näher betrachten. Auch für uns als "alte Feinde" war das kein Problem. Danach schauten wir uns weiter um. Viele Stände lockten mit Leckereien, aus einer Gulaschkanone gab es Erbsensuppe und auf einer Bühne präsentierte man ein Kulturprogramm. |
|
Wo sich kurz vorher noch Massen tummelten, hatten wir nun genügend Freiraum.
Besonders gelungen fanden wir die Konstruktion des Bootsanhängers, welcher mit seiner Gabel erst eine Spur in den Sand malte, bevor er geräuschvoll über den Asphalt schrammte. Naja, so wussten die vorne wenigstens, dass das Ding noch hinten dran hängt. Wir zogen uns dann auch zurück, um uns am Abend noch etwas ins Nachtleben zu stürzen. Dabei trafen wir auch auf den Hausherrn unserer Herberge. Er zeigte später seinen Trick wie man ganz einfach die Wohnungstür aufbekommt, wenn das Schloss mal wieder klemmt: Mitten in der Nacht klingelte er so lange, bis jemand öffnete! |
|
Wir verschwanden ganz schnell in die Betten, ehe uns der Hass der anderen Bewohner traf. Das hätten wir uns nie getraut. Dafür trauten wir uns jetzt aber immer wieder zum Fotografieren an den Bahnhof. Noch immer konnten die Arbeiter dort nicht verstehen, warum wir diesen Schrott fotografieren, wo wir doch zu Hause so schöne Züge haben. |
|
Unsere Erklärungsversuche scheiterten kläglich, aber man freut sich mittlerweile immer wieder, wenn wir an der Stanzja (Station) auftauchen. Sogar von der Frau eines befreundeten Lokführers wurden wir erkannt, obwohl sie uns noch nie gesehen hatte. "Ihr müßt die Deutschen sein." Sie brachte gerade Essen an den Bahnhof, als ihr Mann mit der ChME3-1736 und einem kurzen Güterzug einrollte. Nach der Mittagspause fuhr die Lok zu einem nahegelegen Werk. Wir suchten einen guten Fotostandpunkt, um die Fuhre bei der Rückfahrt ins rechte Licht zu rücken. Nach der Ankunft wurde uns mitgeteilt, dass man im Werk einen Wagen zurücklassen musste. Dieser war nicht richtig gereinigt und die Wagenmeisterin hat es abgelehnt ihn so mitzunehmen. Und das Beste war, er sollte von einer Werklok in den Bahnhof gebracht werden. Wir waren begeistert von dieser resoluten Frau! |
Jetzt begann eine lange Zeit des Wartens. Wahrscheinlich waren wir die ersten Eisenbahnfreunde, die dort wegen eines Zuges nervten. Immer wieder ging der bange Blick zur Uhr und zur Sonne. Der Zug kam und kam nicht. Enttäuscht packten wir ein und begaben uns zum Bahnhofsvorplatz, um den Heimweg anzutreten. Doch auf einmal bimmelte der Bahnübergang und wir sahen wie sich eine TGM6A langsam in unsere Richtung schob. Jetzt brach totale Hektik aus! Rucksack runter, Kamera raus, schnell noch an eine einigermaßen vernünftige Stelle gerannt und abgedrückt, die Sonne war fast weg. Geschafft, für uns war es wohl Sport, für die Umstehenden eine Belustigung. Maik stellte noch fest, dass es einen Gott gibt und wir brachen endgültig auf. |
|
|
Ein paar Tage später wollten wir aber auch mal wieder Zug fahren. Mit dem Nachtschnellzug "Dnipro" ging es in die ukrainische Hauptstadt Kiew. Es ist kaum zu glauben, aber Maiks Freundin Sveta war zum ersten Mal dort, während wir schon fast die ganze Ukraine bereist hatten. An einem sonnigen Tag schauten wir uns die Sehendwürdigkeiten dieser Stadt an. Am Andrejewskij Spusk gab es wieder viele Händler, welche teileweise sehr interessante Sachen feilboten. Allerdings waren deren Preisvorstellungen öfters jenseits der Schmerzgrenze. Abends trafen wir noch einige Bekannte, bevor wir wieder den Rückweg antraten. |
|
|
Olga konnte uns leider nicht begleiten, denn die kleine Karina bekam jeden Tag Besuch vom Arzt. Ihr Zustand war immer noch besorgniseregend. An den restlichen Tage trieben wir unser Unwesen in Verchnedneprovsk. Nach einem Tagesausflug in die Stadt Dneprdsherdshinsk wollten wir unbedingt mit der Elektrichka (Elektrotriebwagen) zurück fahren, nachdem wir auf dem Hinweg in einem altersschwachen Ikarus - Bus fast an den Abgasen erstickt wären. Es war eine gute Entscheidung, wir konnten wieder mal das Gerumpel eines ER1 genießen. Ausserdem wird einem als Fahrgast so einiges geboten. Es werden Gedichte zitiert, Volkslieder gesungen oder gar die neuesten Hits von kompletten Musikgruppen vorgetragen, alles für ein paar Kopeken in die rumgereichte Mütze! Die fliegenden Händler sorgen währendessen für das leibliche Wohl. |
Und dann trafen wir noch auf ein sehr interessantes Fahrzeug. Als wir ausstiegen kam uns ein Bereisungstriebwagen der Pridneprovsker Eisenbahndirektion entgegen . Klar, diese Gelegenheit konnten wir uns nicht entgehen lassen. Da konnten unsere Damen protestieren wie sie wollten. Es war Zeit geworden an die die Rückreise zu denken. Im Dnepropetrovsker Flughafen verabschiedeten wir uns von unseren Freunden, bevor es durch die Kontrolle ging. Leider war man hier beim Einchecken nicht so kulant wie in Frankfurt. Im Gegenteil, wir hatten 5 Kilogramm weniger Freigepäck. Auf dem Hinflug wäre das ein Fehler gewesen versicherte man uns. Man einigte sich dann auf einen Preis, der zwar unter dem offiziellen lag, aber trotzdem nicht unerheblich war, natürlich ohne Quittung. Ein letztes ukrainisches Bier auf dem Rückflug und kurz darauf standen wir schon auf deutschem Boden. Die kleine Karina wurde noch am selben Tag einem deutschen Kinderarzt vorgestellt da sämtliche Medikamente versagten. Der Alltag holte uns ein, Rico fuhr wieder Personenzüge am Rhein und Maik schob welche in Bremen mit einer Köf durch die Gegend. Aber nicht mehr lange, dann waren sie wieder Zwillinge, Regiozwillinge in Linz am Rhein.
zurück zu den Cargozwillingen |